Schlafprobleme

Sekundenschlaf: Ursachen, Anzeichen, Abhilfe

Sekundenschlaf: Ursachen, Anzeichen, Abhilfe

Plötzlich ist es passiert: Die Augen fallen zu und der Kopf sinkt auf die Brust. Sekundenschlaf kann völlig unbemerkt über einen kommen. Wir gehen dem Phänomen auf den Grund und sprechen mit Doktor Kathrin Frank, Fachärztin für Schlafmedizin.

Mann leidet unter Sekundenschlaf am Steuer.
Ein Viertel aller Unfälle lassen sich auf Sekundenschlaf zurückfuhren. Bild: iStock/tommaso79

Experten warnen – jeder vierte Verkehrsunfall lässt sich auf Sekundenschlaf zurückführen. Bei mehr als zwei Millionen Verkehrsunfällen mit fast 3.000 Toten in Deutschland jedes Jahr, ist diese Zahl beängstigend hoch. Das zumindest sagen die Zahlen des Statistischen Bundesamts. Selten haben wohl wenige Sekunden solch eine verheerende Wirkung.

Dabei kann Sekundenschlaf am Steuer in den meisten Fällen vermieden werden. Nur eine geringe Anzahl an „Mikroschläfern“ leidet unter einer wirklichen Krankheit. Meist wird er durch Übermüdung oder Stress ausgelöst.

Dem stimmt auch Doktor Kathrin Frank zu: „Eine sehr häufige Ursache für Sekundenschlaf ist tatsächlich Übermüdung. Diese kann wiederum verschiedenste Ursachen haben. Eine häufige Ursache ist ein Schlafmangel. Viele gönnen sich im Alltag zu wenig Schlaf, zwingen sich permanente Aktivität und Erreichbarkeit auf, arbeiten zu viel, räumen dem Schlaf im Leben zu wenig Priorität ein.“

Was sind die Gründe für Sekundenschlaf?

Ein Hauptgrund für Sekundenschlaf liegt auf der Hand: Übermüdung. Bei den meisten Menschen ist der Tag mit Arbeit und privaten Verpflichtungen ausgelastet. Häufig wird dann an wertvollen Stunden Schlaf gespart. Ein fataler Fehler. Setzt sich der Schlafmangel über einen längeren Zeitraum fort, ist dieser Mikroschlaf nur das erste von vielen Symptomen des Körpers.

Natürlich gibt es auch medizinische Ursachen. Beispielsweise Schlafapnoe oder Narkolepsie. Die folgende Liste zählt verschiedene Gründe noch einmal einzeln auf.

  • Stress
  • Schlafmangel
  • Ein- oder Durchschlafschwierigkeiten
  • Schlafapnoe
  • Narkolepsie

Sekundenschlaf durch Schlafapnoe

Eine Schlafapnoe bezeichnet eine Krankheit des Körpers, bei der die betroffene Person während des Schlafes ständige und wiederkehrende Atemaussetzer hat. Solche Atemaussetzer können mehrere Sekunden anhalten. Je länger eine Atempause ausfällt, desto schwerwiegender können die Folgen für den Körper und das Gehirn ausfallen. Bei einer Schlafapnoe muss kein Schlafmangel vorliegen, damit die betroffene Person tagsüber für Sekunden wegtritt.

Zwar gibt es viele verschiedene Gründe, warum es zu einer Schlafapnoe kommen kann, in den meisten Fällen geschieht sie, weil die Zunge in den Rachen sinkt und so den Atemweg blockiert. Wenn du mehr über Schlafapnoe wissen willst, lies unseren Artikel „Schlafapnoe – Symptome, auf die du achten solltest“.

Sekundenschlaf als Symptom einer Narkolepsie

Auch eine Narkolepsie kann ein Grund für Einschlafen sein. Hierbei schlafen betroffene Personen für ein paar Sekunden ein. Da es sich bei Narkolepsie um eine Schlaf-Wach-Störung handelt, muss auch bei ihr kein Schlafmangel vorliegen. Narkolepsie-Erkrankte wissen um die Gefahr, beim Autofahren einzuschlafen, weshalb sie nur selten hinter ein Steuer steigen. Unser Artikel „Schlafkrankheit: Wie erkennt man Narkolepsie?“ nennt Anzeichen, an denen du erkennen kannst, ob du unter Narkolepsie leidest.

Häufige Warnzeichen

Sekundenschlaf tritt nicht plötzlich auf. Meistens kündigt er sich (beispielsweise beim Autofahren) durch verschiedene Warnzeichen an:

  • Häufiges Gähnen
  • Häufiges Reiben der Augen
  • Tunnelblick
  • Abnehmende Konzentrationsfähigkeit
  • Häufiges Blinzeln
  • Schwere Augenlider
  • Innere Unruhe
  • Gereiztheit
  • Frösteln

Doktor Frank gibt allerdings etwas zu bedenken: „Bei bestimmten Erkrankungen oder der Einnahme von Medikamenten können die typischen Vorzeichen fehlen, das heißt hier ist besondere Vorsicht erforderlich.“

Zusätzlich kann der Beifahrer folgende erste Anzeichen erkennen:

  • Der Fahrer oder die Fahrerin hat Probleme eine gleichmäßige Fahrgeschwindigkeit einzuhalten.
  • Fahrer oder Fahrerin übersieht Straßenschilder und Signale.
  • Der Person fällt es schwer, sich an die bereits gefahrene Strecke zu erinnern.
  • Er oder sie hat Schwierigkeiten, die Fahrspur zu halten.
  • Der Fahrer oder die Fahrerin blickt starr auf die Fahrbahn.

Tagesschläfrigkeit ernst nehmen

Egal aus welchem Grund du tagsüber mit Schläfrigkeit zu kämpfen hast, du solltest die Anzeichen ernst nehmen. Meist geht dieser Art der Müdigkeit am Tage eine lange Zeit mit nächtlichen Schlafstörungen voraus. Leidest du an häufiger und exzessiver Tagesschläfrigkeit, solltest du einen Arzt aufsuchen und deinen Körper untersuchen lassen.

Meist handelt es sich selbst bei extremer Müdigkeit am Tag nur um eine kurze Episode mit Schlafstörung. Nur selten wächst aus einer kurzen Schlafstörung eine ernstzunehmende Insomnie. Manchmal kann allerdings auch eine schwerere Erkrankung oder eine Parasomnie hinter der Tagesschläfrigkeit stecken. Um dies auszuschließen, ist ein Besuch beim Arzt ratsam.

Unterschied Tagesmüdigkeit und Tagesschläfrigkeit

Tagesmüdigkeit darf nicht mit Tagesschläfrigkeit gleichgesetzt werden. Bei Schläfrigkeit fühlen sich Betroffene wach und ausgeruht, bis die Schläfrigkeit einsetzt. Dies passiert meistens ganz spontan – beispielsweise hinter dem Steuer oder beim Lesen. Die Person kann dann von ein auf die andere Sekunde die Augen nicht mehr aufhalten und schläft ein. Schläfrigkeit wir hauptsächlich von einer Krankheit verursacht, beispielsweise einer Hypersomnie oder Narkolepsie.

Müdigkeit hingegen wird mit allgemeiner Erschöpfung oder Schlappheit gleichgesetzt. Es ist durchaus üblich, dass Personen bei Müdigkeit trotzdem nicht schlafen können oder müssen. Tagesmüdigkeit betrifft häufig Menschen, die beispielsweise am Chronischen Fatigue-Syndrom leiden. Die bekannteste Form der Tagesmüdigkeit ist wohl die, nach übermäßigem Alkoholkonsum. Da Sekundenschlaf sowohl bei Tagesschläfrigkeit als auch bei exzessiver Tagesmüdigkeit auftreten kann, fällt das Phänomen in beide Bereiche.

Was kann ich gegen Sekundenschlaf tun?

Laut Kathrin Frank kann man schon mit einem einfachen Detail Sekundenschlaf vorbeugen. „So trivial es klingt. Ausgeschlafen sein ist wichtig, um Sekundenschlaf zu vermeiden. Das heißt man sollte ausreichend lang (das ist für jeden eine unterschiedliche Menge an Stunden) und möglichst regelmäßig schlafen.“

Wenn du merkst, dass du unter Sekundenschlaf leidest oder die oben genannten Warnzeichen erkennst, kannst du diese Dinge tun:

  1. Mache eine Pause: Bist du auf der Autobahn, steuere die nächste Raststätte an. Dort kannst du dir die Beine vertreten und etwas frische Luft schnappen. In der Stadt kannst du einfach bei der nächsten Gelegenheit rechts ran fahren. Bedenke aber, dass diese Maßnahme nur kurz hilft.
  2. Wenn ihr zu zweit unterwegs seid: Lass deinen Beifahrer fahren. So kannst du dich ausruhen und neue Kraft tanken. Vielleicht kannst du ja sogar ein, zwei Stunden schlafen.
  3. Lege eine kurze Schlafpause ein. Fahr auf eine Raststätte oder fahre rechts an, leg dich auf die Rückbank und halte einen kurzen Powernap von zehn bis 20 Minuten. Das erfrischt und macht dich zumindest kurzfristig wieder fit. Auch ein Powernap ist allerdings kein Allheilmittel. Gegen Sekundenschlaf hilft dauerhaft nur ein erholsamer Nachtschlaf.

Kann ich Sekundenschlaf vorbeugen?

Du kannst Sekundenschlaf vorbeugen, indem du ausreichend schläfst. Das ist natürlich leichter gesagt als getan. Hier kommen ein paar Tipps, die dir beim Einschlafen helfen:

  • Achte auf deine Schlafhygiene. Gehe zu regelmäßigen Zeiten schlafen, lege dir ein Schlaftagebuch zu, halte dein Schlafzimmer sauber und frei von elektrischen Geräten. Der Mensch ist ein Gewohnheitstier. Feste Rituale können dir beim Einschlafen helfen.
  • Ernähre dich gesund. Gerade abends solltest du nichts Fettiges oder zu Schweres essen. Beschränke dich lieber auf Lebensmittel, die leicht sind, aber lange satt machen, wie beispielsweise Haferflocken.
  • Sorge für regelmäßige Bewegung. Stetig wiederkehrendes Bewegen hilft jedem Menschen beim Einschlafen. Egal ob richtiger Sport oder nur ein Spaziergang, regelmäßige Bewegung kurbelt den Stoffwechsel an. Das macht im Laufe des abends müde. Doch Vorsicht: Lasse zwischen der körperlichen Betätigung und dem Zubettgehen mindestens zwei Stunden.

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Interview mit Frau Doktor Kathrin Frank

MeinSchlaf: Frau Doktor Frank, ist Sekundenschlaf die Ursache von Übermüdung oder das Symptom einer anderen Krankheit beispielsweise Narkolepsie?

Doktor Frank: Für Müdigkeit im Allgemeinen gibt es viele Ursachen. Von schlechtem Schlaf oder zu wenig Schlaf, zu viel Stress, zu wenig Bewegung über verschiedene chronische Erkrankungen wie eine unbehandelte Schilddrüsenunterfunktion oder ein Eisenmangel, aber auch schwerere Erkrankungen wie Krebs oder multiple Sklerose oder eine Depression.

Dazu abgegrenzt wird die sogenannte Tagesschläfrigkeit, die sozusagen eine verminderte Wachheit bezeichnet. Hier ist man nicht nur müde und schlapp, sondern kann sich phasenweise nicht mehr wachhalten, das heißt, es liegt eine Einschlafneigung vorrangig in ruhigen Situationen vor. Sekundenschlaf ist sozusagen die Extremform von Tagesschläfrigkeit. In Situationen, die permanente Aufmerksamkeit erfordern, aber oft in körperlicher Ruhe stattfinden, wie das Bedienen von Maschinen oder die aktive Teilnahme am Straßenverkehr, kann dies fatal werden.

Eine sehr häufige Ursache für Sekundenschlaf ist tatsächlich „Übermüdung“. Diese kann wiederum verschiedenste Ursachen haben. Eine häufige Ursache ist ein Schlafmangel. Viele gönnen sich im Alltag zu wenig Schlaf, zwingen sich permanente Aktivität und Erreichbarkeit auf, arbeiten zu viel, räumen dem Schlaf im Leben zu wenig Priorität ein. Auch verschiedene Medikamente wie Psychopharmaka können Sekundenschlaf verursachen. Bei den meisten Menschen liegt ein physiologisches Tief zwischen 4.00 und 7.00 Uhr und zwischen 14.00 und 16.00 Uhr vor, hier kommt es auch gehäuft zu Unfällen durch Sekundenschlaf.

„Viele gönnen sich im Alltag zu wenig Schlaf, zwingen sich permanente Aktivität und Erreichbarkeit auf, arbeiten zu viel, räumen dem Schlaf im Leben zu wenig Priorität ein.“

Aber Sekundenschlaf ist auch häufiges Symptom einer Schlafstörung. Sehr häufig ist hier die Schlafapnoe ursächlich. Durch Atempausen im Schlaf mit resultierendem Sauerstoffmangel und nächtlichem Stress wird der Schlaf nicht mehr erholsam. Das heißt die Schlafmenge stimmt zwar oft, aber die Qualität ist schlecht. Folge ist u.a. Tagesmüdigkeit und typischerweise auch eine Einschlafneigung in ruhigen Situationen. Leider merken die Schlafapnoepatientinnen und –patienten das häufig eher spät, das heißt die Eigenwahrnehmung der Wachheit oder Schläfrigkeit ist oft nicht gut. Studien zufolge haben Patientinnen und Patienten mit der Krankheit Schlafapnoe ein zwei- bis dreifach erhöhtes Risiko für Unfälle.

Während die Schlafapnoe eine häufige Erkrankung ist, ist die Narkolepsie eine seltene Krankheit, die allerdings das Unfallrisiko noch wesentlich mehr erhöht (bis zu siebenfach). Bei der Narkolepsie liegt oft ein zwanghaftes Einschlafen in Alltagssituationen vor. Das heißt im Gegensatz zur Schlafapnoe, wo die Einschlafneigung in der Regel nur in ruhigen Situationen vorkommt, kann es bei der Narkolepsie jederzeit zum Einschlafen kommen. Häufig geht dies dann mit Kataplexien einher (ein plötzlicher Tonusverlust der Muskulatur, der zum Umfallen führen kann).

MeinSchlaf: Gibt es Anzeichen, die sich vor einem Sekundenschlaf ankündigen?

Doktor Frank: Das hat sicher fast jeder schon mal erlebt. Die Aufmerksamkeit lässt nach, das Konzentrieren fällt schwer, die Gedanken schweifen ab, die Augenlider werden schwer, die Augen brennen, man beginnt zu Frieren, häufiges Gähnen – so kündigt sich häufig Sekundenschlaf an, der durch Schlafmangel oder fehlende Pausen entsteht.

Bei bestimmten Erkrankungen oder Medikamenteneinnahme können die typischen Vorzeichen fehlen, das heißt hier ist besondere Vorsicht erforderlich.

„Ausgeschlafen sein ist wichtig, um Sekundenschlaf zu vermeiden. Das heißt man sollte ausreichend lang und möglichst regelmäßig schlafen.“

MeinSchlaf: Wie kann man Sekundenschlaf entgegenwirken?

Doktor Frank: So trivial es klingt. Ausgeschlafen sein ist wichtig, um Sekundenschlaf zu vermeiden. Das heißt man sollte ausreichend lang (das ist für jeden eine unterschiedliche Menge) und möglichst regelmäßig schlafen. Bei monotonen Tätigkeiten, vor allem bei der aktiven Teilnahme am Straßenverkehr müssen ausreichende Pausen eingeräumt werden.

Bei V.a. krankhafte Schlafstörungen wie Schlafapnoe, Schlaflosigkeit, dem Syndrom der unruhigen Beine oder gar Narkolepsie muss eine ärztliche Abklärung erfolgen. Letztlich muss jede und jeder bei der aktiven Teilnahme am Straßenverkehr vor dem Fahrtantritt kritisch und eigenverantwortlich prüfen, ob sie oder er fahrfähig sind, das heißt zum Fahren körperlich und geistig in der Lage sind.

Dr. Kathrin Frank ist Fachärztin für Innere Medizin, Schlafmedizin Endokrinologie, Diabetologie DDG und Leiterin des Schlaflabors in Karlsruhe (www.schlaflabor-durlach.de).

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Quellen:

Männergesundheitsportal: Phänomen Sekundenschlaf.
Informationsdienst Wissenschaft: Warum unser Gehirn Schlaf braucht und was passiert, wenn wir nicht genug davon bekommen.