Schlafkrankheit: Woran erkennt man Narkolepsie?
Im Volksmund wird sie die Schlafkrankheit genannt. In der Medizin spricht man von Narkolepsie. Nicht jeder, der tagsüber mal müde ist, leidet direkt unter der Schlafkrankheit. Häufen sich allerdings die Symptome und treten regelmäßig auf, sollte Hilfe gesucht werden. Wir sagen dir, wie du die Erkrankung erkennst.
Die meisten Menschen meinen mit „Schlafkrankheit“ wohl Narkolepsie. Der Grund, warum sich der Begriff bis heute nicht durchgesetzt hat, liegt daran, dass es noch eine weitere Krankheit gibt, die so genannt wird: Trypanosomiasis. Sie wird von der Tsetsefliege übertragen und tritt in unseren Breitengraden nur bei Urlaubern des afrikanischen Kontinents auf.
Auch wenn Trypanosomiasis in Deutschland sehr selten vorkommt, muss man korrekterweise sagen, dass es sich bei Narkolepsie um eine Art der Schlafkrankheit handelt. In Deutschland leiden rund 40.000 Menschen an Narkolepsie. Der Einfachheit halber bleiben wir in diesem Artikel bei der Formulierung „Schlafkrankheit“, wenn wir von Narkolepsie sprechen.
Wie entsteht die Schlafkrankheit?
Ganz vereinfacht ausgesprochen entsteht bei der Schlafkrankheit Narkolepsie ein Mangel am Botenstoff Orexin. Dieser spielt bei der Regulierung unserer Wach- und Schlafphasen eine Rolle. Wenn dieser Botenstoff nicht ausreichend vorhanden ist, kommt er seiner Aufgabe nur schlecht nach. Dies führt zu einer ausgeprägten Tageschläfrigkeit.
Oft ist eine genetischen Veranlagung verantwortlich, aber auch als Folge einer Erkrankung wie einem Gehirntumor. Allerdings entwickelt nicht jeder, der in dieser Hinsicht erblich vorbelastet ist, tatsächlich eine Narkolepsie. Unser Artikel über Narkolepsie setzt sich sehr genau mit der Erkrankung auseinander und nennt die verschiedenen Formen der Schlafkrankheit.
Unterschied Tagesschläfrigkeit und Tagesmüdigkeit
Auch wenn diese beiden Begriffe schnell daher gesagt sind, gibt es einen erheblichen Unterschied zwischen Tagesschläfrigkeit und Tagesmüdigkeit. Tagesmüdigkeit tritt auf, wenn man beispielsweise wegen Schlafstörungen oder Durchschlafproblemen nicht ausreichend Schlaf gefunden hat. Dann ist man am nächsten Tag erschöpft und gerädert. Bei der Tagesmüdigkeit kann es passieren, dass man trotzdem nicht schlafen kann.
Tagesschläfrigkeit dagegen tritt plötzlich und unvorhersehbar auf. Die betroffene Person fühlt sich bis zum Einsetzen der Tagesschläfrigkeit nicht müde. Von ein auf den anderen Moment schläft sie aber plötzlich ein. Vor allem bei eintönigen Tätigkeiten wie Autofahren oder Sitzen am Schreibtisch. Sekundenschlaf kann ein Anzeichen der Schlafkrankheit sein, ist aber kein eindeutiges Indiz, da der plötzliche Schlaf auch bei exzessiver Tagesmüdigkeit auftreten kann.
Wann tritt die Schlafkrankheit auf?
„Die Krankheit kann praktisch in jedem Alter neu auftreten“, informiert Ulf Kallweit, Leiter des Zentrums für Narkolepsie, Hypersomnien und Tagesschläfrigkeit. „Bei der großen Mehrzahl der Erkrankten zeigen sich jedoch die ersten Symptome im Jugendalter, zwischen dem 10. und 20. Lebensjahr.“ Erste Symptome sind eine starke Einschlafneigung und ein erhöhtes Schlafbedürfnis.
Wie erkenne ich, ob ich an der Schlafkrankheit leide?
Wenn es nachvollziehbare Gründe gibt, dass du an manchen Tagen sehr müde bist, brauchst du dir in der Regel keine Gedanken zu machen. Die Nacht durchgefeiert oder wegen der bevorstehenden Prüfung lange nicht eingeschlafen – alles Erklärung genug für Müdigkeit am folgenden Tag.
Wenn diese Tagesschläfrigkeit jedoch ohne ersichtliche Veranlassung täglich auftritt und schwer ausgeprägt ist, solltest du wachsam werden und im Zweifelsfall zum Arzt oder zur Ärztin gehen. „Das Schlafbedürfnis ist ,unwiderstehlich‘ und oftmals kommt es auch zu ungewolltem Einschlafen in inadäquaten Situationen, zum Beispiel im Gespräch“, beschreibt Ulf Kallweit die Symptome.
Verlust von Muskelspannung
Unverkennbare Hinweise sind sogenannte Kataplexien. „Hierbei kommt es zu einem plötzlichen Verlust oder einer Schwäche der Muskulatur, ausgelöst durch eine Emotion“, erläutert Ulf Kallweit. „Beispielsweise führt herzhaftes Lachen zu einem Herabsinken des Kopfes, weichen Knien und gegebenenfalls auch einem Sturz, weil die Muskeln versagen.“
Diese Schwächephasen sind laut Ulf Kallweit nur sehr kurz, dauern einige Sekunden bis zu wenigen Minuten – das Ganze bei vollem Bewusstsein. Wenn du also mitten in einem Gespräch plötzlich zusammensackst ohne etwas dagegen tun zu können, liegt die Vermutung auf Schlafkrankheit sehr nahe. Dieser kurzzeitige Verlust der Muskelspannung ist sehr typisch. Die Narkolepsie mit Kataplexien ist die häufigste Form der Schlafkrankheit.
Wie erfolgt die Diagnose?
Wenn bei dir Verdacht auf Schlafkrankheit besteht, wird man dir viele Fragen zu Vorerkrankungen, Schlafverhalten und Lebensumständen stellen. Ergänzend zu dieser Anamneseerhebung nehmen die Ärzte verschiedene Untersuchungen im Schlaflabor vor. „Hierbei spielt vor allem die Tagesuntersuchung, der sogenannte MSLT, mit Messung der Einschlafneigung eine wichtige Rolle“, erläutert Ulf Kallweit.
„Eine Nervenwasseruntersuchung kann in manchen Fällen erforderlich sein, um den Botenstoff Orexin zu messen“, so Kallweit. „Natürlich müssen auch andere Ursachen für die Beschwerden durch Blutuntersuchungen, MRT und so weiter ausgeschlossen werden.“
Wie wird eine Schlafkrankheit behandelt?
Als Grundlage der Behandlung üben Narkolepsie-Patientinnen und -Patienten bestimmte Verhaltensmaßnahmen ein, wie beispielsweise die Einplanung von Tagesschlafzeiten. Auf diese Weise lässt sich in manchen Fällen überraschenden Schlaf-Anfällen vorbeugen.
Zudem gibt es nach Angaben von Ulf Kallweit verschiedene Behandlungsmöglichkeiten mit Medikamenten, die vor allem die Hauptsymptome der Erkrankung – Tagesschläfrigkeit und Kataplexien – verbessern. „Sehr aktuell haben wir auf europäischer Ebene neue Leitlinien zur Behandlung der Erkrankung herausgebracht“, sagt Ulf Kallweit. Weitere neue Medikamente befänden sich aktuell in klinischen Studien. „Hierbei spielen vor allem Medikamente eine wichtige Rolle, die das bei Narkolepsie fehlende Orexin ersetzen. Erste Ergebnisse waren sehr vielversprechend.“
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Prof. PD Dr. Ulf Kallweit ist Facharzt für Neurologie sowie Leiter des Zentrums für Narkolepsie, Hypersomnien und Tagesschläfrigkeit an der Universität Witten/Herdecke.