Schlafentzug: Ursachen und Unterschiede zur Schlafstörung
Schlafstörungen und Schlafentzug sind zwei verschiedene Dinge. In unserem Artikel gehen wir auf die Unterschiede zwischen den beiden Begriffen ein und nennen verschiedene Ursachen und Hilfen gegen Schlafentzug.
Das Gefühl von Übermüdung kennt wohl jeder. Man kann sich nicht richtig konzentrieren, ist fahrig und möchte am liebsten nur seine Ruhe. Leider nimmt Schlafentzug bei immer mehr Menschen in Deutschland zu. Laut einer Studie der DAK aus dem Jahre 2017 sind mittlerweile circa 80 Prozent aller Berufstätigen in Deutschland von gelegentlichen Schlafstörungen betroffen. Zehn Prozent haben sogar mit einer langanhaltenden Schlafstörung (Insomnie) zu kämpfen.
Dabei wird in der Wissenschaft zwischen Schlafentzug und Schlafstörung unterschieden. Wo liegen die Unterschiede? Was macht den Entzug von Schlaf so anders als die Störung von Schlaf? Diese und noch mehr Fragen rund um das Thema Schlafentzug klären wir in diesem Artikel.
Schlafentzug und Schlafstörung: Die Unterschiede
Was ist denn nun der Unterschied zwischen einer Schlafstörung und Schlafentzug? Der wohl größte Unterschied ist, dass bei einer Schlafstörung Betroffene nicht schlafen können, selbst wenn sie wollen, während dem Körper bei Schlafentzug der Schlaf meist willentlich oder unwillentlich vorenthalten wird. Hier einige Beispiele:
- Beispiel:
Der Weltrekord im Wachbleiben wird vom Briten Tony Wright gehalten. Er blieb angeblich über 260 Stunden ohne Schlaf. Hierbei spricht man von Schlafentzug, da der Schlaf von Wright willentlich verhindert wurde (um einen Rekord aufzustellen). - Beispiel:
Eine Person leidet unter extremem Stress auf der Arbeit und kann auch zu Hause im Schlafzimmer nicht abschalten. Ständig kreisen die Gedanken um diese eine Präsentation oder das eine Meeting mit dem Chef. Dann leidet diese Person unter Schlafstörungen, da sie nicht schlafen kann, obwohl sie gerne schlafen wollen würde. - Beispiel:
Als Teil einer Therapie gegen Depressionen werden Menschen über einen kurzen Zeitraum wachgehalten. Ihnen wird mit ihrem Einverständnis der Schlaf vorenthalten. Es handelt sich also um willentlichen Schlafentzug.
Für unseren Körper spielt es übrigens keine Rolle ob Schlafentzug oder Schlafstörung. Bei beiden Arten des fehlenden Schlafs reagiert unser Körper mit den gleichen Symptomen.
Welche Arten von Schlafentzug gibt es?
Tatsächlich gibt es viele Arten des willentlichen Vorenthalten von Schlaf:
- Schlafenthaltung als Therapieform
Bei Schlafenthaltung in der Depressions-Therapie wird zwischen zwei Formen unterschieden. Es gibt die totale Schlafenthaltung, bei denen den Patienten der Schlaf komplett vorenthalten wird und es gibt die partielle Schlafenthaltung. Hierbei wird den Probanden nur in der zweiten Nachthälfte der Schlaf vorenthalten. Verschiedene Studien haben gezeigt, dass das gezielte Enthalten von Schlaf in Kombination mit Antidepressiva zu einem signifikant verbesserten Stimmungsbild der Patienten geführt hat. - Als willentliche Entscheidung
Egal ob eine Serie, die du unbedingt noch zu ende schauen wolltest oder das eine Blatt in der morgigen Präsentation: Diese Form der kurzzeitigen Schlafenthaltung haben wir uns sicherlich schon alle auferlegt. Passiert so etwas hin und wieder, ist das nichts Schlimmes. Unser Körper kann solch kurzfristigen Entzug von Schlaf verkraften. Problematisch wird es, wenn solch eine „freiwillige“ Schlafenthaltung öfter auftritt. Dann solltest du dir ärztliche Hilfe suchen. In solchen Situationen ist die Grenze zwischen Schlafentzug und Schlafstörung fließend. - Schlafentzug zur Folter
Häufig wird Schlafentzug als Methode genommen, das Urteilsvermögen des Opfers herabzusetzen und so dessen Willen zu brechen. Bekannte Schlafenthaltungs-Folter wurde in der Sowjetunion und der früheren DDR durchgeführt. Heutzutage sind diese Methoden leider auch vom US-Gefangenenlager Guantanamo bekannt. - Als Teil eines militärischen Trainings
Gerade im militärischen Bereich wird Schlafenthaltung häufig zu Übungszwecken eingesetzt. Dabei wird bei speziellen Übungen der Schlaf teilweise oder gar ganz ausgesetzt. Ziel der Übungen ist aber nicht die Gewöhnung von zu wenig Schlaf, sondern die Situationserfahrung, die solch ein Mangel an Schlaf mit sich bringt. Hierbei wird vor allem der Gruppenzusammenhalt geprüft.
Die Auswirkungen von Schlafenthaltung auf den Körper
Wie bereits erwähnt ist für unseren Körper der Entzug von Schlaf ebenso schädlich wie Schlafstörungen und dementsprechend reagiert er auch auf den fehlenden Schlaf. Neben den bekannten Anzeichen wie Tagesmüdigkeit und Sekundenschlaf, macht sich fehlender Schlaf bei einem kurzen Zeitraum folgendermaßen bemerkbar:
- Gereiztheit
- Konzentrationsschwäche
- Gedächtnisleistung verringert sich
- Angstzustände
- Paranoia
- Reaktionsschwäche
Wenn du wissen möchtest, wie dein Körper reagiert, wenn du bis zu 72 Stunden nicht schläfst, lies unseren Artikel: „Das passiert mit deinem Körper, wenn du nicht schläfst“.
Wer seinen Körper regelmäßig zu wenig Schlaf aussetzt, erhöht das Risiko an folgenden Beschwerden:
- Herz-Kreislauf-Erkrankungen
- Stoffwechselerkrankungen
- Diabetes mellitus
- Schwächung des Immunsystems
- Alzheimer-Krankheit
- Parkinson-Krankheit
- starkes Übergewicht (Adipositas)
- Depressionen
- Schizophrenie
Kann bewusster Entzug von Schlaf behandelt werden?
Da bei Schlafentzug eine körperliche Ursache ausgeschlossen werden kann (da es sonst eine Schlafstörung wäre), kann der eigene willentliche Entzug von Schlaf nur psychologisch behandelt werden. Warum setzen sich Menschen einem solchen Entzug aus? Meist hat der willentliche Mangel an Schlaf seinen Ausgangspunkt in der Arbeit. Die betroffene Person möchte weiterarbeiten und nicht die Zeit mit Schlafen „verschwenden“.
Hier helfen meist nur tiefgreifende Therapien, da es sich oft um eine Sucht handelt. Experten schätzen, in Deutschland sind zwischen 200.000 und 300.000 Berufstätige von der Arbeitssucht betroffen. Die Dunkelziffer dürfte deutlich höher liegen, da exzessives Arbeiten in unserer Leistungsgesellschaft noch immer Anerkennung findet.
Weitere Süchte und damit behandelbare Ursachen für den willentlichen Schlafentzug sind beispielsweise die Spielsucht oder auch die Fernsehsucht (Binge-Watching).
Schlafentzug bei Kindern
Kinder leiden noch stärker unter dem Entzug von Schlaf als Erwachsene. So leiden Kinder unter allen oben genannten Auswirkungen, sind aber zusätzlich exponentiell häufig von Krampfanfällen betroffen. Etwa zwei von 100.000 Kindern leiden unter Krampfanfällen durch den Entzug von Schlaf. Dabei scheinen vor allem die Lichtblitze von Videospielen diesen epileptischen Anfall auszulösen.
Das Problem bei diesen Anfällen ist die Tatsache, dass sie nicht mit Epilepsie verwechselt werden dürfen, da bei der Erkrankung bestimmte Areale im Gehirn für den Krampfanfall verantwortlich sind. Diese Bereiche sind bei Krampfanfällen durch Schlafenthaltung nicht aktiv. Zusätzlich kann das betroffene Kind durch „einfaches“ Interagieren vom Krampf befreit werden. Dies ist bei einer Erkrankung durch Epilepsie nicht möglich.
Was du tun kannst, wenn dein Kind unter einem solchen Krampfanfall leidet, kann dir die Seite www.kinderaerzte-im-netz.de sagen.
Quellen:
Springermedizin: Schlafentzugsbehandlung.
Ärzteblatt: Schlafentzug führt zu Schizophrenie-Symptomen.
BMJ Journals: Sleep deprivation and overweight among shift workers of a poultry slaughterhouse plant in Southern Brazil.
Gesundheitsinformation: Epilepsie.