Hat Melatonin Nebenwirkungen?
Du hast Probleme beim Einschlafen und möchtest deshalb Melatonin ausprobieren? Kein Problem. Oder hat Melatonin Nebenwirkungen, die gefährlich werden können? Lies hier, was Neurologe Dr. med. Wolf-Oliver Krohn über die Nebenwirkungen von Melatonin sagt.
Kann Melatonin Nebenwirkungen verursachen? Das kommt darauf an, meint unser Fachmann. „Gefährlich scheint Melatonin bei vorgegebener Verzehrempfehlung und -häufigkeit nicht zu sein. Die Nebenwirkungen bei kurzfristiger Anwendung sind vor allem morgendliche Müdigkeit, Albträume und Kopfschmerzen. Langzeiteffekte sind weitgehend unbekannt“, weiß der Neurologe Dr. med. Wolf-Oliver Krohn.
Als weitere Nebenwirkungen werden in der Fachliteratur unter anderem Übelkeit, Nervosität und Magenbeschwerden genannt, aber auch Sodbrennen, Mundtrockenheit, Bauchschmerzen, Gewichtszunahme, Schweißausbrüche und Hitzewallungen (mehr über Melatonin in unserem Schlaflexikon).
Melatonin – Nebenwirkungen möglich
Im Beipackzettel des Hormons ist zu lesen, dass bei bis zu zehn von 10.000 Patienten Schwindel, verminderte Sehschärfe und Orientierungslosigkeit auftreten können. Außerdem genannt werden Stimmungsschwankungen. Diese können von Rastlosigkeit und Nervosität über Angst bis hin zu Schläfrigkeit und Lethargie reichen. Bei bis zu zehn von 1000 Personen lässt sich Bluthochdruck feststellen.
Bei Menschen mit Herzerkrankungen können Rhythmusstörungen auftreten oder Beschwerden in der Brust, die bis in den Arm ausstrahlen. Wer bereits erhöhten Blutdruck oder Herzerkrankungen hat, sollte den Blutdruck häufiger kontrollieren, solange er Melatonin einnimmt.
Was tun bei Nebenwirkungen?
Bemerkst du eine der harmlosen Nebenwirkungen von Melatonin, brauchst du nichts weiter zu tun als abzuwarten, bis die störenden Symptome wieder vorbei sind. Quälst du dich vielleicht mit Magenschmerzen? Versuche sie mit einem wohltuenden Kräutertee oder sanfter Wärme zu lindern.
Verstärken sich die Beschwerden oder halten bei der Einnahme von Melatonin Nebenwirkungen länger als 24 Stunden an, solltest du allerdings einen Arzt aufsuchen, um sicher zu gehen, dass keine ernsthafte Erkrankung dahintersteckt. Sollte Melatonin Nebenwirkungen bei dir auslösen, versuche doch mal andere Hilfsmittel gegen Schlaflosigkeit. Unser Artikel „Warum kann ich nicht schlafen? – Ursachen und Hilfe“ nennt verschiedene Lösungswege.
Gibt es bei Melatonin allergische Reaktionen?
Leider ja. Wenn sich deine Haut verstärkt rötet und juckt, reagierst du eventuell allergisch auf das Melatonin. In diesem Fall solltest du sicherheitshalber einen Arzt aufsuchen.
Ohne Umwege zum Arzt solltest du bei extremer Rötung und Quaddeln an Haut und Schleimhäuten. Hast du zusätzlich Luftnot oder eine Kreislaufschwäche mit Schwindel und Schwarzsehen oder Durchfälle und Erbrechen, handelt es sich möglicherweise um eine lebensbedrohliche Allergie oder gar um einen allergischen Schock. In diesem Fall solltest du die Behandlung mit Melatonin sofort abbrechen und den Notarzt (Telefon 112) verständigen.
So verwendest du Melatonin richtig
Um bei der Anwendung von Melatonin Nebenwirkungen weitgehend zu vermeiden, gilt es einiges zu beachten:
- Der richtige Zeitpunkt für die Einnahme von Melatonin liegt bei ein bis zwei Stunden vor dem Schlafengehen.
- Grundsätzlich solltest du das Hormon nicht länger als drei Monate lang anwenden.
- Wenn du nachts aufwachst, solltest du keine zweite Dosis Melatonin einnehmen. Andernfalls kann es nämlich passieren, dass die Wirkung bis in den Tag anhält. Das wäre eine fatale Nebenwirkung des Präparats, denn du möchtest ja nicht tagsüber müde sein und schlafen, sondern nachts.
- Ob Melatonin wunschgemäß wirkt oder nicht, hängt grundsätzlich von der richtigen Dosierung des Hormons ab. In dem Fall heißt es übrigens: Viel hilft nicht viel. Im Gegenteil: nimmst du Melatonin zu hoch dosiert, kann es zu einer Überreizung deiner Melatonin-Rezeptoren führen, sodass diese dem Hormon gegenüber unempfindlicher werden. Dies hätte zur Folge, dass deine Einschlafschwierigkeiten weiterhin anhalten.
- Auch, wenn es vielleicht verlockend erscheint vor dem Mittagsschläfchen einfach etwas Melatonin einnehmen und dann schnell ab ins Schlummerland. Lass es sein! Der Körper baut das Hormon Melatonin nach und nach ab – das heißt, das eingenommene Melatonin wirkt mehr oder weniger über viele Stunden. Insofern kann es sein, dass du dich nachmittags müde fühlst. Andererseits kann es auch passieren, dass du dich abends fit fühlst, da dann gerade die Hormonwirkung nachlässt und du wieder mit Einschlafproblemen dastehst. Hinzu kommt: der Melatoninspiegel ist tagsüber, wenn es hell ist, am niedrigsten. Von dieser Wirkung können wiederum Menschen, die im Schichtdienst arbeiten oder unter Jetlag leiden, profitieren. Wenn sie abends Melatonin einnehmen, können sie nach und nach zu einem normalen Schlaf-Wach-Rhythmus zurückkehren.
Wechselwirkungen von Melatonin
Melatonin kann nicht nur Nebenwirkungen, sondern auch Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten und Substanzen haben.
Wechselwirkung 1: Fluvoxamin und Ciprofloxacin
Das Schlafhormon solltest du nicht gleichzeitig mit Fluvoxamin (bei Depressionen) und Ciprofloxacin (bei bakteriellen Infektionen) einnehmen. Das Hormon wirkt in einem solchen Fall länger und stärker. Es verstärkt außerdem die schläfrig und benommen machende Wirkung anderer Arzneimittel.
Idealerweise klärst du vor der Einnahme von Melatonin mit deinem Hausarzt ab, ob er dir das Hormon in deinem speziellen Fall empfiehlt. Jeder Mensch ist anders, jeder hat einen anderen Körper, der eine hat diese Vorerkrankung, der andere hat jene. Dies ist vor allem dann wichtig, wenn dich folgendes betrifft:
Du hast eine Autoimmunerkrankung, wie zum Beispiel Multiple Sklerose oder rheumatoide Arthritis, also eine Krankheit, bei der sich die Abwehrkraft des Körpers gegen die eigenen Gewebe richtet. Wenn deine Nieren oder deine Leber nur unzureichend arbeiten, solltest du vor der Einnahme von Melatonin unbedingt ärztliche Rücksprache halten.
Wechselwirkung 2: Alkohol und Nikotin
Nicht ratsam ist die gleichzeitige Einnahme von Alkohol und Melatonin. Das Schlafhormon wirkt in diesem Fall schwächer.
Raucher bauen Melatonin schneller ab als Nichtraucher. Wer das Mittel einnimmt und dann zu rauchen aufhört, muss hingegen mit einer verstärkten Melatoninwirkung rechnen.
Melatonin wird nicht von Krankenkassen übernommen
Am 13. Juni 2022 trat der Beschluss des Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) in Kraft, nachdem Präparate mit Melatonin nicht von den Krankenkassen übernommen werden müssen. Damit müssen auch rezeptpflichtige Medikamente mit Melatonin vom Patienten selbst übernommen werden. Der Grund: Es gibt keine ausreichenden evidenzbasierten Daten, dass Melatonin oral eingenommen einen Effekt bei Schlafstörungen hat.
Ausgenommen sind die Präparate Circadin® und Slenyto®, die bereits in den Leistungskatalog der Gesetzlichen Krankenversicherungen aufgenommen wurde.
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Der Neurologe Dr. Wolf-Oliver Krohn engagiert sich als Patientenberater für die Deutsche Hirnstiftung (www.hirnstiftung.org) – das ist eine gemeinnützige Organisation, die über neurologische Erkrankungen aufklärt und Patienten bei medizinischen Fragestellungen weiterhilft.
Quellen:
Stiftung Warentest: Medikamente im Test: Hormon Melatonin
MIT News: Rest easy: MIT study confirms melatonin’s value as sleep aid