Lichtverschmutzung: Wie stark stört sie unseren Schlaf?
Lichtverschmutzung ist allgegenwärtig. Mittlerweile sind in Europa 99 Prozent aller Menschen von Lichtsmog betroffen. Städte wie Berlin leuchten bis zu 4.000-mal heller als der natürliche Nachthimmel. Wie wirkt sich diese Belastung auf unseren Schlaf aus?
Dass der Mond für schlechten Schlaf verantwortlich ist, gilt für viele Menschen als Fakt. Sie leiden immer dann unter Schlafstörungen, wenn der Vollmond mit seinem hellen Schein für Lichtverschmutzung sorgt. Forschende gehen davon aus, dass Mondschein lichtsensible Menschen um den Schlaf bringt. Wirklich erwiesen ist diese Theorie allerdings nicht. Mehr zu diesem Thema findest du in unserem Artikel: „Schlafstörungen bei Vollmond: Mythos oder Wahrheit?“
Die Lichtverschmutzung durch den Mond mag vielleicht noch für wissenschaftliche Diskussionen sorgen. Als klar erwiesen gilt dagegen, dass unser selbst gemachter Lichtsmog Auswirkungen auf unser Leben hat. So hat ein Großteil der städtischen Bevölkerung noch nie die Milchstraße gesehen. Welche Auswirkungen hat solch eine Lichtverschmutzung auf unseren Schlaf?
Was bedeutet Lichtverschmutzung?
Der Begriff Lichtverschmutzung beschreibt das dauerhafte Fehlen von Dunkelheit. Dies geschieht vor allem durch künstliche Lichtquellen wie Straßenlaternen, Autoscheinwerfer und Lichtschein aus Häusern. Der Vorgang, der zu einer Lichtverschmutzung führt, wird Lichtemission genannt, ähnlich den Emissionen eines Autos, welches mit seinen Abgasen für Smog sorgt. Daher kommt es auch zum zweiten Begriff: Lichtsmog.
Die Lichtverschmutzung ist in Ballungsräumen teilweise so stark, dass nur noch sehr wenige oder überhaupt keine Sterne mehr zu sehen sind. Mehr als 80 Prozent der Weltbevölkerung ist von Lichtsmog betroffen. In Europa und den USA sind es sogar 99 Prozent aller Menschen.
Wie stark nimmt die Lichtverschmutzung zu?
Eine neue Studie vom Januar 2023 wertete die Daten von Beobachtungen aus den Jahren 2011 bis 2022 aus. Mehr als 50.000 Menschen beobachteten in dieser Studie elf Jahre lang den Nachthimmel in städtischer Umgebung in Europa und den USA. Das Ergebnis macht nachdenklich.
In Europa nimmt die Lichtverschmutzung jedes Jahr um 6,5 Prozent zu. In den USA sogar um 10,4 Prozent. In den elf Jahren der Studiendauer verdoppelte sich so der Lichtsmog in Europa. In den USA verdreifachte er sich sogar. Mit anderen Worten: Konnte man 2011 noch 300 Sterne am Nachthimmel sehen, waren es 2022 nur noch 100.
Welche Auswirkungen hat Lichtsmog auf unseren Schlaf?
In Deutschland schlafen die Menschen immer schlechter. Das geht aus zahlreichen Studien hervor. Mittlerweile schlafen rund 80 Prozent aller Berufstätigen gelegentlich oder regelmäßig schlecht. Das ergab eine Studie der DAK.
Laut dieser Studie sind ein nicht unerheblicher Teil aller Schlafstörungen auf Zirkadiane Schlaf-Wach-Rhythmus-Störungen zurückzuführen. Also Schlafstörungen, die entstehen, weil unser Körper mit der Ausschüttung von Melatonin durcheinander gerät. Das Schlafhormon ist der Hauptspieler für erholsamen Schlaf und wird bei Dunkelheit von unserem Körper ausgeschüttet. Bei Licht (normalerweise am Tag) stellt unser Körper die Produktion ein.
Ursachen der Störung des Schlaf-Wach-Rhythmus`
Nun ist nicht alleine die Lichtverschmutzung Schuld an einer Störung des Schlaf-Wach-Rhythmus. Hauptursache ist Schichtarbeit, gefolgt von Jetlag, Medikamenteneinnahme und Drogenmissbrauch. Inwieweit Lichtverschmutzung zur Störung des Zirkadianen Rhythmus beiträgt, ist noch nicht geklärt. Es fehlen die Studien. Allerdings nimmt die Zahl der Betroffenen ebenso wie die Lichtemissionen zu.
Elektronische Geräte sorgen für Schlafprobleme
Als eindeutig erwiesen gilt hingegen, dass elektronische Geräte im Schlafzimmer für Schlafprobleme sorgen. Egal ob Smartphone, Tablet oder Fernseher: Der Lichtschein der Geräte verhindert eine störungsfreie Ausschüttung von Melatonin. Dabei spielt es keine Rolle, ob das Licht blau ist oder die Geräte im sogenannten Augenschon-Modus laufen. Beide Lichtquellen sind gleich hinderlich für erholsamen Schlaf.
Das konnten zahlreiche Studien belegen, die sich mit diesem Thema auseinandersetzten. Mehr zu diesem Thema und sämtliche Studien findest du in unserem Artikel: „Beeinflusst blaues Licht unseren Schlaf?“ Wenn du wissen willst, wie du es schaffst von den kleinen elektronischen Geräten im Schlafzimmer loszukommen, lies unseren Artikel über Schlafhygiene.
LEDs verstärken Lichtverschmutzung
Seit ein paar Jahren verdrängen LEDs die normalen Birnen zunehmend. Was für den Stromverbrauch sehr gut ist, verstärkt allerdings den Lichtsmog. Die kleinen Birnen haben in ihrem Schein nämlich einen höheren Anteil an blauem Licht.
Auch wenn blaues Licht nicht für schlechteren Schlaf sorgt als andere Lichtwellen, verstärken LEDs mit ihrem hohen Anteil noch die Helligkeit am Nachthimmel. Das Ergebnis: Es sind noch weniger Sterne sichtbar, da die Lichtverschmutzung noch stärker zu nimmt.
Auch Flora und Fauna leiden
Der immer stärker werdende Lichtsmog hat nicht nur Auswirkungen auf uns Menschen. Auch Tiere und Pflanzen leiden unter der Lichtverschmutzung. Denn wie wir Menschen, richten auch sie sich nach der Helligkeit ihrer Umgebung, um ihren Rhythmus zu bestimmen. Hinzu kommen Orientierungsprobleme – seien es frisch geschlüpfte Schildkröten, die Richtung Stadt krabbeln statt zum Meer oder Zugvögel, die sich nicht mehr am Schein der Sterne orientieren können und zum Lichtkegel einer Stadt fliegen.
Noch dramatischer wird es, schaut man sich an, welche Auswirkung das Licht auf Insekten hat. So kann eine einzige Laterne im Sommer in der Nacht die Schuld am Tod von über 150 Insekten tragen. Und in Deutschland gibt es über sieben Millionen Straßenlaternen. Unsere künstliche Beleuchtung ist also inzwischen zu einer Bedrohung ganzer Ökosysteme geworden.
Was kann ich gegen Lichtverschmutzung tun?
Tatsächlich gibt es ein paar Dinge, die jeder selbst tun kann, um die Lichtverschmutzung einzudämmen. Beispielsweise kannst du:
- Darauf achten, welches Licht du wirklich benötigst. Ist beispielsweise die Lichterkette auf dem Balkon wirklich nötig?
- Mehr gelbes Licht benutzen. Denn die Lichtwellen von gelbem Licht stört die Nacht nicht so stark wie weißes oder blaues Licht.
- So wenig Licht wie möglich nach draußen lassen. Schließe Vorhänge oder lass die Rollläden herunter.
Leidest du selbst unter dem Lichtsmog, kannst du auch etwas tun, um wieder zu erholsamem Schlaf zu kommen. Wenn du nicht direkt hunderte oder gar tausende Euro für Rollläden ausgeben möchtest, kannst du auch zu folgenden Hilfsmitteln greifen:
- Kaufe dir Verdunkelungsgardinen. Sie sind besonders dick und lassen das Licht von draußen nicht herein.
- Trage eine Schlafmaske. Gute Schlafmasken liegen sehr angenehm auf den Augen und lassen kein Licht durch. In unserem Kaufratgeber „Die beste Schlafmaske im Vergleich“ testen wir die beliebtesten Schlafmasken auf ihre Fähigkeiten.
- Verbanne Smartphones, Tablets und Co. aus dem Schlafzimmer. Das ist gleich in mehrfacher Hinsicht gut für deinen Schlaf.
Du möchtest noch mehr Tipps für ein dunkles Schlafzimmer? Dann lies unseren Artikel: „Schneller einschlafen: 3 Tipps für mehr Dunkelheit im Schlafzimmer“
Bundesländer und Städte erkennen das Problem
Es liegt aber nicht nur an uns, als Endverbraucher, etwas gegen die Lichtverschmutzung zu tun. Auch Bund und Länder sind gefordert, etwas gegen die immer helleren Lichtkegel in Städten und Kommunen zu unternehmen. Dessen sind sich allerdings immer mehr Bundesländer und Städte bewusst.
So bietet beispielsweise die Stadt Mainz eine Planungshilfe für Hauseigentümer an, in der es wertvolle Tipps gibt, wie man sein Haus umweltverträglich beleuchtet. Und die Bayerische Staatsregierung hat im September 2020 einen Leitfaden zur Eindämmung der Lichtverschmutzung herausgegeben. Mit ihm sollen Kommunen besser mit Lichtsmog umgehen können. Außerdem sind in Bayern seit 2019 sogenannte Himmelsstrahler verboten.
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Quellen:
Science: Citizen scientists report global rapid reductions in the visibility of stars from 2011 to 2022.
ScienceAdvances: Environmental risks from artificial nighttime lighting widespread and increasing across Europe.
ARD Alpha: Lichtsmog stört die Dunkelheit in der Nacht.
Die Stadt Mainz: Umwelttipp: Lichtverschmutzung – bitte macht doch mal das Licht aus!
Bayerische Staatsregierung: Leitfaden zur Eindämmung der Lichtverschmutzung – Handlungsempfehlungen für Kommunen.
ZDF: Was man gegen Lichtverschmutzung tun kann.