Schlaflexikon

Klartraum

Klartraum

Bei einem Klartraum ist sich die schlafende Person des Traums bewusst und kann ihn aktiv steuern. Luzides Träumen wird diese Fähigkeit genannt. Hier findest du nicht nur alle Informationen rund um das Thema luzide Träume, wir haben zudem mit Doktor Wolf-Oliver Krohn, Facharzt für Neurologie, über Klarträume gesprochen.

Frau hat einen Klartraum und fliegt mit einem Regenschirm.
Im Klartraum können Schafende das Geträumte beeinflussen. Bild: iStock/urbazon

Obwohl luzides Träumen schon in der Antike bekannt war, galt ein Klartraum noch bis in die Neuzeit entweder als Hexenwerk oder als Zeichen Gottes – je nachdem wer ihn hatte. Erst der französische Traumforscher Léon d’Hervey de Saint-Denys setzte sich 1867 seriös mit den Themen Klartraum und luzidem Träumen auseinander.

Heutzutage erforschen Schlafmediziner, Neurologen und Psychologen und Forscher wie Stephen LaBerge oder Paul Tholey den Klartraum. Gerade in der Psychotherapie wird immer öfter die Fähigkeit luzide zu träumen genutzt, um Traumata zu bewältigen oder zumindest den Patienten damit zu konfrontieren. Doch was ist ein Klartraum überhaupt?

Was ist ein Klartraum?

Ein Klartraum – auch luzider Traum genannt – ist ein Traum, bei dem der Schlafende sich des Traumes bewusst ist und in absoluter Klarheit diesen aktiv steuern kann. Diese speziellen Träume sind in jeder Altersklasse anzutreffen, treten zwischen dem sechsten und dem 14. Lebensjahr allerdings vermehrt auf.

Nur rund 25 Prozent aller Menschen haben mindestens einmal in ihrem Leben Erfahrungen mit einem Klartraum gemacht. Nur die Wenigsten davon setzen sich mit dem Thema aber weiter auseinander. Für manche ist ein luzider Traum auch etwas Beängstigendes, vor allem, wenn er mit einer Schlafparalyse einhergeht.

Übrigens: Aktive Klarträumer werden auch Oneironauten genannt.

Kann man luzides Träumen lernen?

Dazu sagt Dr. Krohn: „Ja. Es wird dazu empfohlen sich vor dem Schlaf fest vorzunehmen heute etwas zu träumen und sich daran zu erinnern. Das ist die Voraussetzung für klare Träume. Die Kontrolle soll dann von ganz allein im Traum entstehen.“

Es gibt aber noch weitere Techniken, um einen Klartraum hervorzurufen. Neben der oben genannten Technik des prospektiven Gedächtnisses, gibt es noch zwei weitere Techniken, die sich als Wirksam erwiesen haben:

1. Klarheit gewinnende Techniken (kurz DILD für dream initiated lucid dreaming):
Hierbei handelt es sich um eine Technik, bei der sich der Träumende erst während des Klartraums darüber bewusst wird, dass er schläft. Dieses Erlangen des Bewusstseins kann durch verschiedene Methoden hervorgerufen werden.

  • Durch ständiges Hinterfragen des Zustands. Wer sich mehrmals täglich fragt, ob er wach ist oder schläft (sogenannter Realitätscheck), verinnerlicht diese Frage und stellt sie sich irgendwann auch im Traum. Dies kann zur Auslösung eines Klartraums führen.
  • Durch das prospektive Gedächtnis, also unsere Fähigkeit, zu planen, etwas zu einem späteren Zeitpunkt durchzuführen. So kann sich der Klarträumer mittags vornehmen nachts luzide zu träumen und diese geplante Aktion dann im Traum auch ausführen. Diese von Stephen LaBerge entwickelte Technik nennt sich MILD (mnemonically induced lucid dreaming).
  • Durch regelmäßig auftretende Traumzeichen: Wer beispielsweise regelmäßig träumt, dass er schwebt, kann dies als Traumzeichen verstehen und damit einen Klartraum erkennen.
  • Durch Trauminkubation: Dabei wird kurz vor dem Schlafengehen intensiv darüber nachgedacht, luzide zu träumen. Dadurch kann ein Klartraum ausgelöst werden.

2. Klarheit bewahrende Techniken (kurz WILD für wake initiated lucid dreaming):
Bei diesen Techniken ist sich der Träumende während des Einschlafens seines baldigen Klartraums bewusst. Zwei Methoden sind üblich:

  • Die gewollte Schlafparalyse: Bei dieser Technik behält sich der noch wache Mensch während des Einschlafens die Klarheit, bald in einen luziden Traum überzugehen. Die Person fällt dann in eine Schlafparalyse, die von einem Traum begleitet wird. Diese Technik ist nicht nur schwer zu erlernen, sondern kann viele Traumsuchende verwirren, da eine Schlafparalyse gemeinhin als unangenehm wahrgenommen wird.
  • Meditation: Gerade die Methode der Achtsamkeits-Meditation hat sich für luzides Träumen als unterstützend erwiesen. Allerdings wird bei dieser Form ein Traum in wachem Zustand hervorgerufen und nicht – wie bei Klarträumen üblich – im Schlaf geträumt.

Das Erlernen von Klarträumen benötigt mit allen Techniken einige Zeit. Wer luzides Träumen wirklich erlernen will, sollte deshalb vor allem auch Geduld mitbringen.

3. Luzide Träume durch Hilfsmittel
Auch elektronische Hilfsmittel haben sich als erfolgreich im Einleiten von Klarträumen erwiesen. Es wird zwischen zwei Arten von Hilfsmitteln unterschieden:

  • Elektronische Hilfsmittel: Die Person kann unterschiedliche elektronische Hilfsmittel zur Einleitung eines aktiven Traums nutzen. Die Hilfsmittel machen der träumenden Person durch bestimmte Reize bewusst, dass sie gerade träumt. Bei den Hilfsmitteln kann es sich um Lichtsignale (visuelle Reize), Tonsignale (auditive Reize) oder schwache Stromreizung handeln.
  • Psychotrope Hilfsmittel: Ebenfalls scheinen verschiedene Medikamente geeignet zu sein, einen Klartraum einzuleiten. Beispielsweise bestimmte Demenz-Präparate. Auch nikotinhaltige Präparate oder Nikotinersatz-Präparate, sowie alkoholhaltige Substanzen können luzide Träume bei der Einleitung begünstigen. Verschiedenen Stoffwechselpräparaten sind ebenfalls bekannt dafür, Klarträume zu begünstigen.

Achtung: Hilfsmittel – unerheblich ob elektronisch oder psychotrop – sollten nur in Abstimmung mit einem Facharzt genutzt werden. Besonders die Einnahme von psychotropen Hilfsmitteln benötigt eine strenge Überwachung und sollte nur kurzzeitig stattfinden, um eine Abhängigkeit und Beeinträchtigungen des Körpers zu vermeiden.

Paul Tholey plädiert in seinem Buch „Gestalttheorie von Sport, Klartraum und Bewusstsein“ für mehr Sport. Das würde luzides Träumen erleichtern.

Ist luzides Träumen gefährlich?

Es gibt vereinzelte Berichte, in denen Aktionen von Charakteren auf die der Klarträumer im Traum trifft zu körperlichen Auswirkungen geführt haben sollen“, sagt Neurologe Wolf-Oliver Krohn. „So soll ein Träumer im Schlaf von einer Traumgestalt ins Herz geschossen worden sein – er erwachte mit einem Herzinfarkt. Wie genau der Zusammenhang zu bewerten ist, ist unklar. Es handelt sich eher um anekdotische Evidenz.“ Keine Angst, wirklich bewiesen sind körperliche Schäden also nicht.

Für die Psyche kann luzides Träumen allerdings durchaus gefährlich werden. Vor allem drei Risiken setzen sich potenzielle Oneironauten aus:

  1. Abhängigkeit: Das Gefühl der Kontrolle über einen Traum kann süchtig machen. Jemand der von luzidem Träumen abhängig ist, versucht so viel und so lange wie möglich zu schlafen und will nicht mehr aufwachen. Meist vernachlässigen diese Menschen in der Realität dann ihre Umwelt und sich selbst.
  2. Entfremdung: Der Umstand, dass Klarträumer ihre Erlebnisse nicht mit anderen Menschen teilen oder verarbeiten können, kann zur Entfremdung führen.
  3. Realitätsverlust: Der Betroffene kann nicht mehr zwischen Erträumten und Erlebten unterscheiden, da sich beides sehr ähnlich anfühlt. Hier hilft der oben genannte Realitätscheck.

Treten eine der drei Symptome auf, sollte die betroffene Person dringend eine Pause vom luziden Träumen machen.

Welche Vorteile hat luzides Träumen?

Es gibt verschiedene Gründe, die für das Erlernen von Klarträumen sprechen:

  • Luzides Träumen kann gezielt in der Psychotherapie eingesetzt werden, um innere Konflikte zu lösen. Die Wissenschaft erhofft sich auch im Bereich der Posttraumatischen Belastungsstörung (PTBS) durch Klarträumen Erfolge.
  • Klarträumen kann die Fähigkeit der Selbstreflektion stärken. Das fanden Forscher der Max-Planck-Institute für Bildungsforschung und Psychiatrie heraus.
  • Die Fähigkeit zum Klartraum kann bei Albträumen helfen. Denn wer seine Träume steuern kann, besitzt diese Fähigkeit auch bei Albträumen.
  • Ebenfalls kann luzides Träumen die Kreativität und Leistungsfähigkeit fördern.

Auch wenn auf diesen Feldern noch viel Potenzial für zukünftige Forschungen steckt, haben bestehende Studien schon positive Auswirkungen auf Proband:Innen belegt.

Fragen rund um den Klartraum

Hier werden die häufigsten Fragen rund um den Klartraum und luzides Träumen beantwortet.

Kann es passieren, dass ich Realität und Traum verwechsle?

Ja, das ist möglich. Vor allem Menschen, die viel luzide träumen, können in Gefahr geraten, Traum und Realität nicht mehr unterscheiden zu können. Hilfreich kann dann ein Traumtagebuch sein, in das die betroffene Person ihre Träume hineinschreibt und die sie dann im Wachzustand liest.

Kann ich in einem Albtraum gefangen sein?

Nein, das ist nicht möglich. Träumende können ihre Träume bewusst steuern und demnach auch einen Albtraum. Sie können diesen Albtraum im Schlaf bewusst in eine positive Richtung steuern.

Was ist WBTB?

WBTB ist eine Bezeichnung für eine Hilfstechnik, mit der man klartraumerzeugende Techniken (siehe weiter oben „Kann man luzides Träumen lernen?“) unterstützen kann. Die Abkürzung WBTB kommt aus dem Englischen und meint „Wake-Back-To-Bed“, was so viel wie „Aufwachen und zurück ins Bett gehen“ bedeutet. Damit ist gemeint, den Klartraum zu unterbrechen, einen Realitätscheck durchzuführen, sich etwas zu bewegen und anschließend weiterzuschlafen. Neben WBTB gibt es auch WSIB. Hierbei bleiben die Personen im Bett liegen (Wake-Stay-In-Bed).

Sollte ich ein Traumtagebuch führen?

Für manche Menschen kann ein Traumtagebuch durchaus nützlich sein. Vor allem, wenn es für den betroffenen Menschen schwierig wird, zwischen Realität und Traum zu unterscheiden. Auch bei Albträumen kann ein Traumtagebuch helfen. Beispielsweise um besonders intensive Albträume aufzuschreiben. In Albträumen versucht unser Gehirn traumatische Erlebnisse zu verarbeiten. Eine dauerhafte Unterdrückung durch luzides Träumen, kann problematisch werden.

In welcher Schlafphase träumen wir?

Wir träumen in allen Schlafphasen. Am intensivsten träumen wir allerdings in der REM-Phase. In dieser Phase versuchen die meisten Oneironauten ihren Traum zu steuern. Die REM-Phase ist die letzte Schlafphase bevor wir kurz aufwachen und dann der Kreislauf aus Einschlaf-, Leichtschlaf-, Tiefschlaf- und REM-Phase erneut beginnt.

Interview mit Doktor Wolf-Oliver Krohn, Facharzt für Neurologie

Mein Schlaf: Herr Doktor Krohn, was passiert bei einem Klartraum im Gehirn?

Dr. Krohn: Normalerweise werden im Schlaf weite Teile des Gehirns in einen Ruhezustand versetzt. Dieser Zustand dient vor allem der Regeneration. Während des normalen Traumschlafs werden Funktionen wie das Realitätsempfinden und logische Fähigkeiten abgeschaltet. Träume sind daher nicht unbedingt logisch und können nicht aktiv beeinflusst werden.

Bei Klarträumen gibt es erste Hinweise auf eine Reaktivierung dieser Hirnbereiche. Dazu gehören besonders Areale im Stirnbereich, die sogenannten präfrontalen Bereiche, in denen unter anderem das Bewusstsein der eigenen Situation und logische Fähigkeiten verarbeitet werden. Das könnte erklären, warum im Klartraum der Traum bewusst als solcher erkannt werden kann. 

MeinSchlaf: Welche Ursachen liegen einem Klartraum zugrunde?

Dr. Krohn: Der Grund, wie Klarträume entstehen, ist bislang ungeklärt.

MeinSchlaf: Kann man luzides Träumen lernen?

Dr. Krohn: Ja. Es wird dazu empfohlen sich vor dem Schlaf fest vorzunehmen heute etwas zu träumen und sich daran zu erinnern. Das ist die Voraussetzung für klare Träume. Die Kontrolle soll dann von ganz allein im Traum entstehen. Einige neuere Forschungsarbeiten haben auch die Wirksamkeit bestimmter Medikamente bei der Auslösung von Klarträumen zeigen können.

MeinSchlaf: Kann ein Klartraum auch gefährlich werden?

Dr. Krohn: Es gibt vereinzelte Berichte, in denen Aktionen von Charakteren auf die der Klarträumer im Traum trifft zu körperlichen Auswirkungen geführt haben sollen. So soll ein Träumer im Schlaf von einer Traumgestalt ins Herz geschossen worden sein – er erwachte mit einem Herzinfarkt. Wie genau der Zusammenhang zu bewerten ist ist unklar. Es handelt sich eher um anekdotische Evidenz. 

MeinSchlaf: Herr Doktor Krohn, vielen Dank für Ihre Zeit!

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Wolf-Oliver Krohn ist Facharzt für Neurologie und Beratungsarzt der Deutschen Hirnstiftung e.V.

Kurz und knapp

Was ist ein Klartraum?

Ein Klartraum kann von der träumenden Person aktiv beeinflusst werden. Er wird auch luzider Traum genannt.

Kann man luzides Träumen lernen?

Ja, für luzides Träumen gibt es verschiedene, anerkannte Methoden. Eine Methode ist, den „schlafenden Wachzustand“ mit bestimmten Hilfsmitteln zu provozieren.

Kann ein Klartraum gefährlich werden?

Körperlich muss man keine Angst haben. Es sind keine Fälle bekannt, in denen Klarträumer physische Schäden davongetragen haben. Allerdings sind psychische Risiken bekannt. Träumende können in Abhängigkeit geraten und wollen dann nicht mehr aufwachen, sich entfremden oder unter Realitätsverlust leiden.

Welche Vorteile hat luzides Träumen?

Luzides Träumen kann in der Psychotherapie eingesetzt werden. Auch bei Albträumen können Klarträume helfen. Zudem stärken sie die Selbstreflektion, Kreativität und Leistungsfähigkeit.

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Quellen:

PDF: Consciousness and Cognition: An International Journal.
PDF: Dr. Mag. Brigitte Holzinger: Zwischen Schlaf- und Wachzuständen: Luzides Träumen.
Ärztezeitung: Als Herr der Träume kann man sogar fliegen.
Informationsdienst Wissenschaft: Klarträume Bewusstseinsforschung im Schlaf.
Max-Planck-Institut für Psychiatrie: Der Sitz des Meta-Bewusstseins im Gehirn.