Achtsamkeit: So hilft die Technik beim Einschlafen
Gezieltes Achtsamkeitstraining kann helfen, den Schlaf zu verbessern. Darüber haben wir mit der Achtsamkeitstrainerin und Yogalehrerin Sunita Ehlers gesprochen. Im Interview erzählt sie uns, wie wir Achtsamkeit in unseren Alltag einbauen und wie es helfen kann, unseren Schlaf wiederzufinden.
Ständige Erreichbarkeit, nicht enden wollende To-do-Listen, finanzielle oder familiäre Sorgen — Stress ist ein unvermeidlicher und allgegenwärtiger Bestandteil unseres modernen Lebens geworden. Häufig sind wir mit den Gedanken schon beim nächsten Termin oder bei der nächsten E-Mail.
Während derartiger Stress in erster Linie eine natürliche Reaktion auf Herausforderungen ist und uns zu Höchstleistungen anregen kann, führt zu viel Anspannung zu tiefgreifenden Auswirkungen auf unsere psychische und körperliche Gesundheit und kann Schlafprobleme und Schlaflosigkeit zur Folge haben.
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Was ist Achtsamkeit?
Achtsamkeit ist eine Entspannungstechnik, die darauf abzielt, alle Gedanken, Gefühle und Empfindungen innerhalb und außerhalb des Körpers wahrzunehmen, ohne auf sie zu reagieren. Sie hilft, den gegenwärtigen Moment wahrzunehmen, die Gedanken zur Ruhe kommen zu lassen und im Hier und Jetzt zu leben. Der Effekt dieser Übung: weniger Stress, mehr Entspannung und Gelassenheit. Achtsamkeit ist oft ein wichtiger Bestandteil anderer Entspannungspraktiken, wie Yoga, Ayurveda und Meditation.
Wie kann Achtsamkeit den Schlaf verbessern?
Schlafstörungen, wie z. B. Schwierigkeiten beim Einschlafen oder Durchschlafen, betreffen immer mehr Menschen. Laut einer Studie der DAK leidet jeder zehnte Arbeitnehmer (9,4 Prozent) in Deutschland unter schweren Schlafstörungen (Insomnien) mit Ein- und Durchschlafstörungen, schlechter Schlafqualität, Tagesmüdigkeit und Erschöpfung. Einer der häufigsten Gründe dafür ist Stress.
Größter Schlafräuber in Deutschland ist Stress
Menschen, die gestresst sind, denken übermäßig viel über Verpflichtungen wie Arbeit, Familie und Finanzen nach. Diese Gedanken können uns in der Nacht oftmals stundenlang wachhalten und das Einschlafen erschweren.
Darüber hinaus treiben belastende Lebenssituationen wie Trennungen, beruflicher Stress oder der Tod eines nahestehenden Menschen den Cortisolspiegel in unserem Körper in die Höhe. Cortisol steigert wiederum den Blutdruck, beschleunigt die Atemfrequenz und lässt das Herz schneller pumpen. Die Folge: Wir sind innerlich unruhig und können nicht entspannen. Um einzuschlafen, ist jedoch Ruhe und Entspannung wichtig. Achtsamkeit kann die Gedankenspirale durchbrechen, den Stress reduzieren und so helfen, besser zu schlafen.
Achtsamkeitstrainerin und Yogalehrerin Sunita Ehlers hat mit uns gesprochen und erklärt, wie wir die Entspannungstechnik in unseren Alltag integrieren und für unseren Schlaf nutzen können.
Interview mit Achtsamkeitsexpertin Sunita Ehlers
MeinSchlaf.de: Hallo Sunita, du bist Yogalehrerin, Meditationsleiterin und Achtsamkeitstrainerin. In deinem Buch „Achtsamkeit im Alltag“ sprichst du über die bewusste Entscheidung, ein achtsames Leben zu führen. Was genau bedeutet Achtsamkeit für dich?
Sunita Ehlers: Ich bin selbständig und habe zwei Kinder. Viel zu oft ging das Leben wie im Autopilotmodus an mir vorbei und ein Termin jagte den nächsten. Häufig hatte ich das Gefühl, dass das Leben an mir vorbeizieht. Für mich bedeutet Achtsamkeit, den Moment bewusst wertzuschätzen und das wahrzunehmen, was wir haben und nicht ständig noch die Gedanken rasen zu lassen. Achtsamkeit hat mich gelehrt, viel bewusster und viel individueller mit mir selbst umzugehen.
„Für mich bedeutet Achtsamkeit, den Moment bewusst wertzuschätzen und das wahrzunehmen, was wir haben und nicht ständig noch die Gedanken rasen zu lassen.“
MeinSchlaf.de: Wie hängen Achtsamkeit und Schlaf zusammen?
Sunita Ehlers: Achtsamkeit und Schlaf hängen aus ganz vielen verschiedenen Perspektiven zusammen. Im Ayurveda geht man davon aus, dass gesunder Schlaf wichtig ist, um auch am Tag gesund zu leben. Denn wenn ich beispielsweise nicht gut schlafe, kann ich am Tag auch nicht gut auf mich achten. Und andersrum natürlich das Gleiche: Wenn ich am Tag nicht gut auf mich achte und die Dinge in meinen Alltag integriere, dich ich brauche, wie eine für mich passende Ernährung oder Schlafenszeit, dann hat das einen Einfluss darauf, wie ich schlafe. Und wenn ich nicht gut schlafe, hat das wiederum einen Einfluss drauf, wie ich mich am Tag fühle und welche Entscheidungen ich treffe.
Aus der Achtsamkeits-Perspektive bedeutet dies: Wenn ich beispielsweise ganz viel zu tun habe, viele Termine wahrnehmen muss und das auch noch schnell mache, dann kann es passieren, dass auch am Abend noch viel Bewegung in meinem Körper und in meinen Gedanken ist. Und wenn ich diese Bewegung vom Tag mit in die Nacht nehme, schlafe ich wiederum nicht gut.
„Für mich geht es darum, mit kleinen Tools und Tricks den Alltag achtsamer und bewusster zu gestalten.“
MeinSchlaf.de: Wie kann ich denn Achtsamkeit in meinen Alltag integrieren?
Sunita Ehlers: Für mich geht es darum, mit kleinen Tools und Tricks den Alltag achtsamer und bewusster zu gestalten. Denn das birgt häufig ein größeres Potenzial, dass wir uns gut fühlen als, wenn wir total ausgebrannt auf einen Wellnessurlaub hinfiebern. Wenn ich kleinere Momente in meinen Alltag integriere (die mich nicht auch noch zusätzlich stressen sollten), schaffe ich es, runterzufahren und wieder Kraft zu sammeln und mich am Ende nicht so ausgebrannt zu fühlen. Ich integriere also den Wellnessurlaub schon vorher in meinen Alltag, um ihn als solchen auch genießen zu können. Und diese bewussten Momente dürfen für jeden etwas anderes sein.
MeinSchlaf.de: Und das wirkt sich dann wiederum auf den Schlaf aus?
Sunita Ehlers: Genau und selbst wenn man es nicht schafft, achtsame Momente in den Alltag zu integrieren, dann kann man trotzdem durch Achtsamkeitsübungen sein Einschlafen positiv beeinflussen. Lege dich dafür ins Bett und versuche, dich voll und ganz auf deine Atmung zu fokussieren und langsam ein- und ausatmen. Wenn du dich darauf konzentrierst, kannst du es schaffen, die anderen Gedanken auszublenden, zur Ruhe zu kommen und schneller einzuschlafen.
„Was du abends zu dir nimmst, hat große Auswirkungen auf deinen Schlaf und dein Durchschlafverhalten.“
MeinSchlaf.de: Hast du eine spezielle Abendroutine, die Körper und Geist auf den Schlaf vorbereiten?
Sunita Ehlers: Ja, man kann ganz viele schöne Dinge machen. Ayurveda sagt zum Beispiel, dass du abends wärmende und nährende Komponenten brauchst, also lieber eine Suppe oder einen Eintopf essen als ein Brot. Denn was du abends zu dir nimmst, hat wirklich große Auswirkungen auf deinen Schlaf und dein Durchschlafverhalten.
Aber auch eine wärmende Fußmassage kann helfen, um den Körper ganz bewusst zu erden und die Nervenenden in unserem Körper zu beruhigen. Du kannst aber auch Restorative oder Yin Yoga praktizieren, weil bei diesen Übungen alle Positionen auf dem Boden stattfinden. Das kann dir helfen, dich wieder zu erden und zu beruhigen.
Und dann gibt es natürlich die kleinen Dinge, wie Handy aus, Meditation, Einschlafgeschichten oder sich bewusst Zeit für sich und sein Inneres zu nehmen. Im Großen und Ganzen geht es darum, die Bewegung aus den Gedanken, aber auch aus dem Körper und den Organen zu nehmen und dich so zu beruhigen.
MeinSchlaf.de: Und was kann ich tun, wenn ich nachts aufwache und nicht wieder einschlafen kann?
Sunita Ehlers: Da komm es drauf an, wann und zu welcher Uhrzeit man aufwacht. Wenn du zum Beispiel zwischen zwei und drei Uhr wach wirst, dann hängt es häufig mit viel zu viel Bewegung und Stress zusammen. Wenn du aber gegen 12 oder 1 Uhr aufwachst, dann liegt es oftmals an der Leber. In diesen Stunden arbeitet das Organ auf Hochtouren und entgiftet den Körper. Wenn wir nun abends zu viel gegessen haben, dann schafft es der Körper nicht, die Mahlzeit zu verdauen und sie zu verarbeiten. Der Körper benötigt aber Ruhe, damit die Leber arbeiten kann. Ergo: Wir wachen auf.
Um wieder einzuschlafen, empfiehlt sich eine warme Milch mit Honig und beruhigenden Gewürzen, wie zum Beispiel Muskatnuss. Muskatnuss beruhigt unser ganzes System und hilft dabei, besser ein- und durchzuschlafen.
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